A Folk Horror Retrospective: Woodlands Dark AND Days Bewitched

CURATED BY
Kier-La Janisse

Wie bei vielen anderen begann auch meine Reise in die Welt des Folk-Horrors mit The Wicker Man. Mein Teenagerinnenherz war wie besessen – ich war überzeugt, dass Summerisle und seine heidnische Bevölkerung real waren. Jahre später pilgerte ich in die Gegend und sah das Boot des Hafenmeisters, das Gerüchten zufolge in einem Schuppen in den schottischen Highlands verstauben sollte, in dem von Palmen umgebenen Dorf Plockton, dem Drehort der Hafenszenen. Ich fand das Boot also und genoss diesen Augenblick mit ihm. Ich hatte Glück, denn das Boot ging wenig später in einem Sturm verschollen.

Das Land, der Ort und die Geografie sind entscheidende Komponenten im einzigartigen Ideengewimmel dessen, was gemeinhin als „Folk-Horror“ bezeichnet wird. Die Orte, an denen ein Film spielt oder gedreht wird – und an denen auch die Aufhänger der jeweiligen Geschichten manchmal ihren Ursprung haben – werden Teil einer größeren psychologischen Verbindung zwischen Suchenden und Publikum und den Filmen, die sie lieben. Meist sind diese Schauplätze weit entfernt von der komplexen Stadtgesellschaft, liegen gut versteckt im Ländlichen, in entlegenen Siedlungen und Ortschaften. Da, wo der Sog der alten Traditionen noch spürbar ist.

Summerisle mag zwar erfunden sein, aber das Land um uns herum, wo auch immer wir sind, ist Speicher von Erinnerungen und Geschichten, die uns überdauern werden – Geschichten, in denen wir selbst einst Figuren werden. Eines Tages sind wir vielleicht selbst die Schreckgespenster, von denen man sich ums Lagerfeuer oder spät in der Nacht mit vorgehaltener Taschenlampe Schauergeschichten erzählt. Diese Geschichten fordern uns auf zu definieren, was wir glauben. Und Glauben ist das Metier des Folk-Horrors: Während seine Grenzen für vieles und alles durchlässig sind, bildet die Spannung zwischen entgegengesetzten Glaubens- und Wertesystemen den Kern seines Gebiets.

„Die menscheneigene bewusste Wahrnehmung des übernatürlichen Bösen ermöglicht es uns, phantasmagorische Welten zu sehen und zu bewohnen, in denen Hexen, Geister und Monster leben“, schreibt der Geograf Yi-Fu Tuan 1979 in seinem wegweisenden Buch Landscapes of Fear. Er konstatiert, dass alle menschlichen Konstrukte – darunter auch Legenden, Märchen und kosmologische Mythen – existieren, um das Chaos, das wir in der Natur fürchten, zu kontrollieren. Darüber hinaus gibt es noch die Überbleibsel des uns eigenen Bösen: Kulturen, die durch Invasionen verdrängt wurden, Geister, die das von unseren Vorfahren vergossene Blut hinterlassen hat, und „die Schrecken, die wir mit einschleppen“, wie es der Filmemacher Dennis Widmyer in Woodlands Dark and Days Bewitched formuliert. Folk-Horror hat aber auch eine andere Dimension, eine, in der die an den Rand Gedrängten und Vergessenen eine Stimme erhalten. Manchmal sind das Entsetzliche, das Barbarische und das Rückständige Mittel des Widerstands, der Resilienz und der Transzendenz aus einer anderen Perspektive. Es hängt alles davon ab, wer die Geschichte erzählen darf.

 

Janisse, Kier-La is a film writer, programmer, publisher, producer, and founder of The Miskatonic Institute of Horror Studies. She is the author of A Violent Professional: The Films of Luciano Rossi (2007) and House of Psychotic Women: An Autobiographical Topography of Female Neurosis in Horror and Exploitation Films (2012), and has been an editor on several books. She is currently co-editing an anthology book on the films of Robert Downey, Sr. and writing a monograph about Monte Hellman’s Cockfighter as well as developing an animated film based on Julia Gfrörer’s graphic novel Vision. A house editor and producer of bonus features at Severin Films, Woodlands Dark and Days Bewitched is her first film as director.